Ja, wie war die Reise?
     
    „Ein Hundeleben in Herrlichkeit“ 
     
    Ich bin mir sicher die meisten von uns würden es wieder tun.
    Der Mehrwert ist enorm.
     
    Eigentlich weiß man nicht, wo man anfangen und wo man aufhören sollte. So viel ist passiert. 
    Wir waren rund um die Uhr im Einsatz, wenn nicht körperlich, dann mental. Wir sind auch des Öfteren an unsere Grenzen gekommen. Denn auf dem Schiff ist man GANZ da, immer präsent, weil alles sich
    bewegt und achtsam wahrgenommen werden darf. Denn wenn es darum geht die Segel hochzuziehen, dann ist voller körperlicher Einsatz gefragt.
    So spiegelt sich das auch in uns selbst wieder. Wir haben - trotz der für uns zum Teil erheblichen Herausforderungen - uns gespürt, unser Sein, unseren Körper, unsere Gefühle, mitunter auch
    Erschöpfung. Es gab kein Außen mit diversen Ablenkungen.
    Als Team durften wir lernen uns zu finden, zu wertschätzen und uns gegenseitig bei der „Seemannschaft“ zu unterstützen. Im Außen sind wir oft abgelenkt, von unseren Befindlichkeiten im Verbund
    mit unserer Erkrankung, sowie von diversen Anforderungen des täglichen Lebens. Der Raum in uns wurde an Bord anders gefüllt. Schöne Augenblicke füllten unser Herz mit tiefer Verbundenheit zum
    Meer, zu der Natur. Die unendliche Weite beim großen Törn von Kappeln zur dänischen Südsee und zurück, dort wo man kein Land mehr sehen konnte, erzeugte ein Gefühl von Freiheit, Loslassen, sich
    im tiefsten Innern spüren.
     
     
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    Es gab einen Zustand, der Abenteuerlust in uns weckte, meistens dann, wenn wir Fahrt aufgenommen haben und die Segel sich kraftvoll dem Wind hingaben.
    Oder wenn wir am Morgen und am Abend dem berauschenden Farbenspiel der Kombination aus Sonne und bizarren Wolkenformationen beiwohnen konnten, dann und wann andere Traditionssegler an uns
    vorbeirauschten und wie sie staunend beobachteten.
    Ja auch wenn die Ankerlaterne friedvoll sich im Gleichklang der Wellen wiegte und ein beschauliches Licht uns schenkte.
    Wenn es hieß Segelsetzen und der Bootsmann kraftvoll ausrief „Heiß auf den Klüver“, dann zauberte das schon etwas Gänsehaut auf unseren Körper. Wir fühlten dann ein Teil von dem großen Ganzen zu
    sein.
    Ein Erlebnis der besonderen Art ist es, einzutauchen in eine ganz andere Welt. Das Leben auf einem alten Traditionssegler zu spüren, sich vorzustellen wie das Leben dort wohl in früheren Zeiten
    abgelaufen sein musste, mit welchem Aufwand und Widrigkeiten die Mannschaft umgehen lernen musste, ist außerordentlich spannend und interessant.
    Großes Glück hatten wir mit dem Wetter, wirklich jeder Tag schenkte uns viel Sonnenschein, der Wind war etwas sparsam, aber der Weg ist ja bekanntlich das Ziel …
    Wir lernten viel über die „Seemannschaft“, von A wie „Anker“ bis Z wie „Zeiser“(ein Tau um die Segel zu befestigen), auch das Wort Jager, nicht Jäger (ein kleineres Segel, welches zu der
    Vorsegelgruppe gehört).
    Nicht zu vergessen war die Knotenkunde, dass Aufschießen von Tauwerk, welches präzise in Schneckenform gelegt werden musste, um dann bei Bedarf schnell zur Verfügung zu stehen, aber auch dass
    sich niemand verletzt, bedingt durch herumliegendes Tauwerk womöglich ins Stolpern gerät. Die Crewmitglieder standen uns jeder Zeit mit viel Herz zur Seite. Wenn uns die Knotentechnik mal nicht
    von der Hand ging, oder das Segelkleid der Vorsegel über dem Klüvernetz angelegt werden musste. Das erforderte schon etwas Mut dort hoch hinaus sich über dem Meer bei Wellengang zu bewegen.
    Am Abend zogen wir uns meistens ziemlich schnell in unseren Kojen zurück. Ließen den Tag noch mal Revue passieren, bis dann langsam das allgemeine „Schnarchkonzert“ zur Nacht in den Schlaf
    einstimmte.
    Selbst das Sauerteigbrot wurde von dem Bootsmann frisch gebacken, sowie das Mehl dafür zum Teil handvermahlen, da Strom an Bord während der Fahrt nicht immer verfügbar war. Am Abend wurden
    gelegentlich mit Bedacht die Petroleumlampen im Aufenthaltsraum entfacht und Seefahrerromantik strahlte in unseren Augen, damals war’s…
    Für die Mahlzeiten waren wir Gäste eigenverantwortlich.
    Das Essen hatte täglich einen ganz besonderen Stellenwert.
    Es wurde meist an einem langen Tisch serviert, bzw. Mittagessen gab es in schön dekorierten Häppchen auf einem Tablett an Deck. Wir waren während der Reise in Gruppen aufgeteilt und jede Gruppe
    war immer mal wieder mit der Zubereitung der Speisen beauftragt. So war es immer wieder aufregend und spannend einerseits zu kochen im großen Maßstab für knapp zwanzig Mitsegler und andererseits
    sich überraschen zu lassen. Das warme Abendessen war dann meist der Ausklang des Tages, gepaart mit einem gegenseitigen Austausch. Der Kapitän erklärte uns dann schon mal die nächste Tagesetappe
    oder wie sich die zukünftige Ankerwache gestalten wird, auch über eine „Mann über Bord Übung“ wurde diskutiert, sowie einer spontanen Feuerschutzübung. Alles wurde immer mit etwas Humor
    präsentiert.
    Das „Reinschiff“, also das Klo oder das Deck und die Küche nach getaner Arbeit zu putzen gehörte natürlich auch zu unseren Aufgaben. Richtung „Achtern“ im hinteren Teil des Schiffes befand sich
    die Schiffsglocke - wenn diese geläutet wurde, hieß es unverzüglich sich dort zu versammeln. Besprochen wurde z.B. ob es die derzeitige Windrichtung erforderlich macht eine Halse oder eine Wende
    einzuleiten. Das ist mit so einem großen Segelschiff eine ganz aufregende Aktion und sehr viel intensiver als mit einem kleinen Segelboot. Der Kapitän trägt für alles die Verantwortung, von daher
    muss alles immer gut abgestimmt werden. Viel Segelfläche ist dann zu bewältigen.
    Kleine Meinungsverschiedenheiten, die auf diesem engen Raum auch mal aufgetreten sind, wurden reflektiert, sowie bemüht ausbalanciert. Dazu ist die Crew schon geschult, sie wird aber bestimmt
    immer mal wieder an ihre Grenzen kommen, da die Reisegäste bedingt von ihrem Krankheitsgeschehen eine sehr unterschiedliche Konstellation ergeben und das Handling auf dem Segler nicht gewohnt
    sind. Das erfordert von der Crew viel Empathie. 
    Die Reiseroute war sehr komprimiert und überaus abwechslungsreich. Die kleinen dänischen Städtchen und Dörfer haben uns verwöhnt mit Ihrer natürlichen Gemütlichkeit, Stockrosen an den
    Gartenzäunen, Kunst in den Fenstern, ja und das leckere dänische Eis nicht zu vergessen.
    Der Kapitän hatte immer eine besondere Empfehlung für den Landgang für uns bereit. Sei es das dreieckige Fußballfeld auf einer kleinen Insel oder ein schöner Museumshafen in einer kleinen Stadt,
    sowie lukullische Eis-Empfehlungen.
    Zwischenzeitlich wurde auch schon mal geankert, um dann über die Strickleiter im Meer baden zu können. Das war bei den sommerlichen Temperaturen einfach herrlich, natürlich ein ganz anderes
    Badegefühl. Strömung und Wellengang spürte man hautnah. Sehr beeindruckend war einmal das Baden in den späten Abendstunden, denn da zeigte sich das mystische „Meeresleuchten“, kleine
    Mikroorganismen leuchteten bei jeder Bewegung im Wasser phosphorisierend. Es war magisch, fast so anmutend, wie die „Aurora Borealis“ auf Island.
    So, nun denke ich, es wurde genug geschwärmt und Vorfreude auf das kommende Jahr entfacht.
    Herzlich möchte ich der gesamten Crew und allen Mitreisenden für die erlebnisreiche Segelfreizeit auf dem wunderschönen Traditionssegler „Fortuna“ danken. Ich gehe davon aus, dass wir alle es so
    gut gemacht haben, wie wir es konnten.
    Ahoi
    Simone Sonne
     
    Das muss ich noch kurz erwähnen. Das Kennenlernen wurde mit einem Spiel verknüpft. Jede/Jeder sollte sich vorstellen mit einem passenden Wort zu seinem Vornamen, beginnend mit dem gleichen
    Anfangsbuchstaben. Das funktionierte wunderbar und erheiterte uns.
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